… heute erzählt von Tina:

Ein Tag in der Veterinärstation

Mein Mobiltelefon klingelt kurz, eine Nachricht: „Bin da, komm runter“.

Ich ziehe schnell über meine Alltagskleidung eine Skihose an und Gummistiefel. Ich renn runter, es regnet und es ist sehr windig. Alle paar Minuten bleibt das Auto der Tierschützerin stehen, denn wir sind auf der Jagd nach einer heißen Ware: Kartons, die der Regen noch nicht zerstört, durchweicht hat. Das Auto bleibt stehen und ich renne raus, jedes Stück Papier, dass ich trocken ins Auto zerren kann, erfreut uns, und wir lachen freudig auf, über uns selbst und den Anblick, wie wir für einen guten Zweck in dem Müll von Mostar wühlen. Dieser stinkt bestialisch, da seit Wochen bereits gestreikt wird. Die Menschen, die den Müll entsorgen haben ihre Löhne seit Monaten nicht bekommen, auch die Vet, habe ich erfahren, wird aus diesem Pott, der anscheinend mehr als leer ist, bezahlt. „Gott sei Dank“ ist es Winter, und der Dreck einigermaßen deshalb „kühl gelagert“.

Das Auto der Tierschützerin bleibt vor einem schon etwas heruntergekommenen Haus stehen. Es ist die städtische Psychiatrie. Hier werden die Essensreste abgeholt, um die vielen Hunde, die zu futtern sind, sattzubekommen. Der große weiße Eimer ist nun gefüllt. Zum Dankeschön für die nette Küchenkraft und die Pflegekräfte, die diese Aktion unterstützen, gibt es eine kleine Aufmerksamkeit: ein Kilo Kaffee und zwei Pakete Kekse.

Auf der Fahrt in Richtung Veterinärstation sehen wir viele Straßentiere: Katzen wie Hunde. Mancher Straßenhund scheint seinen Kampf gegen das harte Leben aufgegeben zu haben, denn er liegt zusammengekauert am Straßenrand, vom Regen durchnässt. Ein so berührender Anblick. Mancher Hund rennt auch, ohne Furcht, dem fahrenden Auto hinterher, was die vielen verletzten Tiere in der Station erklärt.

Nun ist das Ziel erreicht: die Veterinärstation von Mostar. Links vom Auto befindet sich ein noch nicht fertig gebautes Gebäude. Zwei Straßenhunde von einst haben dort ihr „Zuhause“ gefunden, an der Kette. Ein schwarzer Schäferhund und ein Husky. Die Hunde fangen an zu bellen, als sie uns sehen und innerhalb von ein paar Minuten hören wir das Bellen von mehr als 40 Hunden.

Sie bellen nicht nur. Viele von ihnen jaulen, ihre Verzweiflung ist zu hören, ohne dass man sie überhaupt sehen kann. Manche sind frei und rennen nun um das Auto herum und springen an uns hoch, während wir uns unsere Regenmäntel anziehen. Die Tiere sind voller Vorfreude, da sie wissen, dass nun die Minuten gekommen sind, in denen einer für sie da ist, sich kümmert.

Als unsere Regenmäntel angezogen waren und all das Material für einen Tag in der Vet aus dem Auto ausgeladen war, gingen wir zu den Metallschränken, wo sich das Trockenfutter befindet.

Ein Problem erwartet uns. Der Schrank, in dem sich das Futter befindet, ist vom Wind umgestoßen worden und die Tür war total verbogen. Es dauerte einige Zeit, bis wir es geschafft haben, die verbogene Tür aufzubrechen.

Ein wunderschöner, an der Pfote verletzter großer Dobermann beobachtet uns, wie wir gegen den Schrank kämpfen. Er ist an eine Kette gebunden und tritt aus Platzmangel ständig in sein eigenen Kot. Ein so würdeloser Anblick von diesem edlen Tier.

Ich fragte den Tierarzt der Vet, ob der Hund Besitzer hat, wer ihn hiergelassen hat und ob seine Menschen in bald abholen werden, wenn er wieder gesund ist. Er gab mir leider keine Antwort. Wieso nicht, kann ich euch nicht sagen. Er sagte nur zu mir: „Pass du auf, dass dir einer der Ziegelsteine nicht auf den Kopf fällt, der Wind ist echt stark“.

So fand ich leider nur auf die wenigsten meine Fragen in der Vet von Mostar eine Antwort. Der Tierarzt ist zwar redselig, aber zu den Hunden verrät er mir nur wenig. Warum das so ist, konnte mir leider keiner vor Ort verraten.

Als der Schrank endlich aufgebrochen war, fingen wir an, die Suppe aus der Psychiatrie mit Trockenfutter anzureichern. Wir füllten dann dreckige Behälter mit dem Futter auf und fingen an, diese an die Hunde zu verteilen.

Die Behälter mussten leider dreckig bleiben, denn die Tierschützerinnen haben so eine Art „Wasserverbot“ von dem Tierarzt auferlegt bekommen, da sie mit der Nutzung des Wassers die Wasserkosten in die Höhe treiben. Also wird an jeder Ecke gespart, denn würden sie den zuständigen Tierarzt der Vet verärgern, könnte er schnell deren freiwillige Arbeit unterbinden und die vielen Tiere, die dort sind, würden ganz und gar hungrig und unversorgt bleiben. Also geht man notgedrungen Kompromisse ein, die der menschliche Verstand zwar ablehnt, aber um die Tiere überhaupt versorgen zu dürfen, akzeptiert man sie. Die Tierschützer vor Ort haben leider keine andere Wahl.

Die ersten gefüllten Schalen sind nun verteilt. Zwei kleine Schäferhunde futtern gierig aus einem Napf und ein Terrier bellt und hüpft ununterbrochen, als er uns mit dem Futter kommen sieht. Der Regen ist so stark und die meisten Hunde, die wir zu füttern hatten, waren an der Kette diesem ohne Schutz ausgeliefert.

Ich erwische mich oft bei dem Gedanken, ob es nicht doch besser wäre, sie wären auf der Straße und dort wenigstens frei, denn es tut mir in der Seele weh zu sehen, wie alle diese Tiere den ganzen Tag in dem eigenen Kot stehen, laufen, liegen und auch essen. Sie sind meistens auch noch dazu verletzt und müssen versorgt werden, nur die Frage ist wann? Wann wird der Tierarzt sich für sie Zeit finden und sie tierärztlich versorgen. Oft warten die Tiere tagelang auf die notwendige Behandlung, bleiben präoperativ nüchtern, hungern also und nix passiert. Fragt bitte nicht, wieso das so ist, denn es ist einfach so. So ist es einfach in der Veterinärstation von Mostar!!!

Als die Tiere um die Station herum versorgt waren, gingen wir zum Plateau. Der Regen war so stark und keine trockene Stelle war zu sehen. Diese vielen Hunde standen im Regenwasser, in dem sich der eigene Kot aufgelöst hatte, es stank so sehr. Die Tiere freuten sich natürlich, dass wir nun da waren und sprangen an uns hoch.

Wir verteilten auch an sie das Futter aus den großen, weißen Eimer und sie schlabberten freudig. Große Hunde, kleine Hunde, verletzte und total abgemagerte Hunde. Die Tiere fraßen freudig und ich machte mich an die Arbeit. Mit einer Schaufel und einem Besen versuchte ich den vielen Kot aufzusammeln. Unzählige Mengen an Kot warf ich über den Zaun.

In einem Moment, als ich mich bückte, um Kot aufzusammeln, freute sich ein schwarzer, so liebenswürdiger Hund an der Kette über meine Nähe, dass mir ein Stück Kot in den Mund flog.

Ich spuckte es aus, schrie auf und die Tierschützerin und ich lachten so laut auf. Wir fragten uns kurz: „Lieber Gott, was machen wir hier eigentlich?“, doch nur ein kurzer Blick in die Runde gab uns die Antwort. Wir machen das was nötig ist, damit diese so liebenswürdige Kreaturen eine einigermaßen faire Chance auf eine Zukunft bekommen. Wir sind die einzige Hoffnung, die sie haben, nur wenn wir gemeinsam die Ärmel hochkrempeln werden sie eine Chance auf eine Rettung haben.

Meine Geschichte endet an diese Stelle nicht, ich werde euch von der Station innen berichten, denn in der Vet selbst waren noch weitere Tiere untergebracht und auch hinter ihr. Einige Tiere und deren Schicksale berührten mich sehr. Ich werde euch auch gerne deren Geschichten bald erzählen.

Auf der Fahrt nach Hause blieb ich in den Gedanken in der Vet von Mostar. Das, was man dort sieht und erlebt, darf man nicht so wirklich nah an sich heranlassen und trotzdem packt es einen so stark. Diese Tiere haben doch auch nur das eine Leben, was die Natur, der liebe Gott ihnen geschenkt hat. Sie können es nicht alleine für sich gestalten oder besser machen, denn sie wurden in eine Welt hineingeboren, in der es keinen Platz für lebenswertes Tierleben gibt.

Nicht jedes Tierleben wird dort als Lebenswert erachten. Viele Menschen in der Stadt laufen mit ihren Hunden an der Leine und für die vielen Straßenhunde haben sie keine Gefühle übrig. Es herrscht eine „Zwei-Klassen-Hundegesellschaft“ in Mostar, und das tut so weh. Wenn jeder Hundebesitzer in Mostar nur ein wenig auch für die Straßenhunde übrig hätte, gäbe es schon eine bessere Welt für die Hunde vor Ort.

Während ich euch diese Zeilen schreibe, liegt meine Emi neben mir auf dem Sitzkissen und schläft satt und zufrieden. Ich streichele ihr über das weiche Fell und muss an all die Hunde in Mostar denken, die nicht so viel Glück wie mein Hund gehabt haben. Sie haben kein Frauchen, neben dem sie einschlafen können und kein Herrchen, das ihnen ein kleines Geschenk zu Weihnachten kauft, weil sie einfach zu der Familie dazugehören.

Es bricht mir das Herz zu wissen, dass all die Hunde auch diese Nacht, in der Kälte und Nässe von Mostar verbringen müssen und bin so stolz, dass wir alle zusammen hier für sie kämpfen. Ich werden gleich leichter einschlafen können, weil ich weiß, dass es euch gibt, die ihr uns unterstützt und die Mädels vor Ort, die auch morgen wie jeden Tag in die Veterinärstation fahren werden, um wenigstens für ein paar Minuten am Tag das Frauchen der vielen Hunde vor Ort zu sein.

Wir haben noch so viel vor, sind motiviert, haben Kraft und den Willen was zu verändern, doch ohne eure Hilfe wird es uns nicht möglich sein. Deshalb bitte ich euch, Fördermitglied zu werden, als Pflegestelle zu helfen oder und mit Sach- und Geldspenden zu unterstützen, damit unsere Langzeitprojekte verwirklicht werden können. Mostar ist im Herzen von Europa und mit etwas Geld kann viel bewegt werden. Eure Unterstützung wird schnell sichtbar werden können und wir so gemeinsam Frauchen und Herrchen so viele Hunde, die auch in diesem Augenblick bereits nur uns haben.

Wir danken Euch sehr!!!

Hier findet ihr den Antrag für eine Fördermitgliedschaft und weitere Infos wie ihr helfen könnt:
http://streunerglueck.de/helfen-spenden/spenden/