… erzählt von Veronika aus München:

Noch bin ich nicht lange aktives Mitglied bei Streunerglück, trotzdem hatte ich das Glück Anfang August mit nach Mostar fahren zu können.

Da ich schon einige Erfahrungen mit Tierschutzorganisationen im in- und Ausland gemacht habe, ist es mir sehr wichtig, mir selbst ein Bild von der Situation und der Arbeitsweise des Vereins zu machen. Das Team in Deutschland (zumindest aus dem Süden) durfte ich schon bei diversen Übergaben für meine Pflegehunde oder anderen Gelegenheiten kennenlernen, und die Eindrücke davon waren immer mehr als positiv. Eine hauptsächlich weibliche Schar an leidenschaftlichen Tierschützern, die gemeinsam mit viel Leidenschaft, Energie, Entschlossenheit und einem mehr oder weniger großen Teil ihrer Freizeit für ein gemeinsames Ziel kämpft. Wirklich beeindruckend. Jetzt ein Teil davon sein zu dürfen, ist wirklich super.

Nun bin ich bei meinen Reisen auch schon viel durch osteuropäische und arabische Länder gekommen und weiß, welche Einstellung die Einwohner Tieren im Allgemeinen entgegenbringen. Diese sind meistens leider nicht sehr positiv. Tiere, im speziellen Hunde und Katzen, haben dort den Wert einer Sache, werden gequält, geschlagen, verbrannt und entweder unter unwürdigen Verhältnissen gehalten oder zum Sterben angebunden, ausgesetzt oder als Zielobjekt für Schießübungen verwendet. Wenn man von solchen Geschichten hört, ist dies schon sehr schwer zu verkraften. Dies aber mitzuerleben, die Orte zu sehen, wo diese Tiere leben, gestorben sind oder die Personen leben, die Tieren ein solches Leid zufügen können, zerreißt einem das Herz und lässt einen an der Daseinsberechtigung der Menschheit zweifeln.

Der Gedanke dabei nun einen ganzen Menschenschlag oder eine ganze Bevölkerung in einen Topf zu schmeißen liegt nahe. Diesen Gedanken darf man aber bitte keinen Raum geben. Auf unserer Reise nach Mostar durfte ich endlich die Mädels kennen lernen, deren Hände und Füße wir auf den Bildern von unseren Nasen wiederfinden, wenn sie grade „frisch“ von der Straße kommen. Amra und Elma von Pomoć Životinjama Mostar / Helping Paws fahren fast jeden Abend durch die Stadt und versorgen die Streuner in der Umgebung mit Futter. Dabei erzählen sie uns Geschichten von schon vermittelten Glücksstreunern, wo sie welche Hunde gefunden haben, aber leider auch wo sie tote Hunde gefunden haben, welcher Wurf Welpen die Hitze von bis zu 45 Grad im Schatten nicht überlebt hat und von den Stellen, an denen die Menschen die Hunde bewusst vergiften und erschießen.

Jeden Abend brechen die beiden auf, wissen nicht, welche Hunde den vergangenen Tag überlebt haben und wie viele neue Hunde und trächtige Hündinnen sie finden werden. Bei unserem Besuch finden wir viele, viele Welpen, teilweise noch unter 5 Wochen und ohne Mutter. Der Gedanke liegt nahe zu fragen, warum die Mädels die Hunde nicht einsammeln, aber die Auffangstationen, Pflegestellen und Tierheime sind voll, nicht mal für diese kleinen Würmer gibt es mehr Platz, also gilt es diese zu füttern und darauf zu hoffen, dass sie den nächsten Tag überleben.

Dazu kommt noch, dass die lokale Bevölkerung die Tierschützer beschimpft, anfeindet oder versucht sie zu verjagen, wenn die Streuner gefüttert werden. Meinen tiefsten Respekt vor dieser Arbeit, ihrer Kraft und ihrem Durchhaltevermögen, sich jeden Tag diesen Herausforderungen zu stellen. Ein Teil der Hunde, die sie retten können, wird von Streunerglück übernommen und für die Vermittlung und Ausreise nach Deutschland vorbereitet.

Nun sind zwei Damen aber viel zu wenig, um es mit der riesen Zahl an Streunern aufzunehmen. Auch der Verein Animal Care Centar hat sich dem Schutz der Tiere von Mostar verschrieben und ist an allen Fronten aktiv. Dieser Verein kümmert sich mit Herzblut um streunende Hunde und Katzen, füttert diese auf der Straße, versucht sie so schnell wie möglich dort wegzuholen, zu versorgen und optimal zu vermitteln. Aber damit nicht genug. Langfristig reicht es nicht nur Hunde und Katzen zu füttern und von der Straße zu holen, deshalb organisiert der Verein regelmäßig, u.a. gemeinsam mit Streunerglück, Kastrationsprojekte in und um die Stadt. Dann wird versucht so viele Streuner, aber auch Privattiere wie möglich zu kastrieren, um die unkontrollierte Vermehrung und das sich multiplizierende Elend der unschuldigen Vierbeiner einzudämmen. Auch ist das Animal Care Center ein wichtiger strategischer Partner für Streunerglück, dessen Team u.a. aus 4 sehr zielstrebigen, starken Frauen besteht, welche wir auch kennen lernen durften. Gemeinsam mit Streunerglück setzen sie sich für den Bau eines neuen Streunerdorfs ein und kümmern sich vor Ort um die zeitintensive Planung, Koordination und Realisierung des Baus, um mehr Vierbeiner von der Straße holen zu können und dort auch in einer eigenen VetStation erst versorgen und auf eine Vermittlung vorbereiten zu können. Diese starken Frauen stehen mit beiden Beinen im Leben und geben damit den Tieren in Bosnien und Herzegowina eine Stimme, die man nicht überhören kann.

Um die Bevölkerung schon in jungen Jahren zu prägen und ihnen ein Gefühl und eine andere Sichtweise auf das Thema Tierschutz und dessen Auswirkungen zu geben, gibt es Aida Cizmic. Aufgrund der Ferien konnten wir Aida leider nicht bei der Arbeit beobachten, haben sie aber bei einem Kaffee kurz kennengelernt (die von uns, die sie noch nicht kannten). Dabei hat sie uns von ihrer Arbeit erzählt und wir konnten uns alle sehr gut vorstellen, wie sie mit ihrer Art und Weise Geschichten zu erzählen, die Kinder in ihren Bann ziehen kann und ihnen die Wichtigkeit des Tierschutzes und die Beziehung zu Tieren näher bringt.

Wenn man nun alle Seiten kennt …

  • Das Team von Streunerglück e.V. aus Deutschland, das aus der Ferne und vor Ort sein Bestes gibt, die Geschichte der Hunde zu erzählen, ihnen ein gutes Zuhause zu suchen, Spenden zu sammeln und sich nebenbei auch noch mit den bürokratischen Hürden auseinanderzusetzen …
  • Emica und ihre Truppe Animal Care Centar, die sich für ein sicheres Heim für die Vierbeiner einsetzen und ihnen Gehör verschaffen
  • Amra und Elma – die ebenfalls „an der Front“ für das Überleben der Hunde kämpfen
  • Aida – die sich mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen für die Aufklärung der Kinder von Mostar einsetzt.

… dann macht einem das sehr viel Mut und Hoffnung und schenkt einem den Glauben, dass es irgendwann besser wird für die Unschuldigen auf Mostars Straßen. Vielen Dank an alle die Persönlichkeiten, die wir in dieser kurzen Zeit kennenlernen durften!