… heute mit Maike aus Zülpich.

Seit knapp anderthalb Jahren bin ich aktiv bei Streunerglück dabei. Das Streunerdorf und Mostar kannte ich lange jedoch nur aus Erzählungen. Vor Trapo-Warm-ups las ich mir die Hard Facts im Internet und auf unserer Homepage an. Höchste Zeit also, dass sich daran etwas änderte! Daher hieß es für mich Ende April endlich: Hallo, Streunerdorf!

Ein fieser Infekt hätte mir beinahe einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Optimistisch nahm mein Immunsystem die Herausforderung an – und verlor. 🥴 Doch die Aussicht auf ein unvergleichliches Erlebnis und mehrere Liter Lindenblütentee brachten mich noch rechtzeitig wieder auf die Beine – auch wenn zwischen hier und dort eine mehr als 18-stündige Autofahrt lag.

Mittwochmittag ging es für mich los: Etappe 1 von Zülpich nach Vaterstetten, wo ich ein Zimmer gemietet hatte. Um 19.30 Uhr war ich endlich angekommen – nette Vermieterin, schönes Zimmer und ein Bad für mich allein. Dennoch konnte ich kaum schlafen. Ob es an der Aufregung oder dem knarzenden Bett lag? 🤷🏻‍♀️ So genau wollt ihr das sicher nicht wissen. 😄

Donnerstagmorgen klingelte der Wecker natürlich zu früh. An jedem anderen Tag ist 5 Uhr keine Uhrzeit. 😉 Aber 5 Uhr vor einer langen Fahrt ins Unbekannte, mit Menschen, die ich vorher nur aus Zoom-Meetings kannte? 😄 Viel zu früh! 🥱

Also schnell wachgeduscht und ab zu Andrea. Etappe 2 konnte beginnen!

Um 6 Uhr war unser Reisegefährt gepackt und los gings. Wir, das waren Andrea, Lucia und ich. Nach den Bergen in Österreich und den sattgrünen Wiesen Sloweniens erwartete uns in Kroatien das erste Highlight: ein kurzer Blick aufs Meer. Ein heller Augenblick urlaubseliger Vorfreude! Als wir endlich auch die Grenze zu Bosnien-Herzegowina passiert hatten, stieg die Erwartung spürbar. – Wie lange noch? Ist es noch weit?

In Mostar angekommen hatten wir dank unseres erstklassigen Orientierungssinns etwas Mühe, unser Appartement zu finden. 😉 Das Navi schien etwas zu ahnen, hatte aber scheinbar einen schlechten Moment oder mochte sein Geheimwissen nicht mit uns teilen – ach, Elvira! 😉 Dank unseres zuvorkommenden Vermieters konnten wir nach gut 13 Stunden Autofahrt endlich doch unser Quartier beziehen.

An einem Besuch der Altstadt ging natürlich kein Weg vorbei – vor allem für Grünhörner wie mich. Also kurz ausgepackt und dann immer dem Navi nach – nicht dass der Weg nicht großzügig ausgeschildert wäre … Nein, Elvira hatte erst mal Pause. 😉

Geradeaus, schräg rechts und irgendwann links … und plötzlich: Oh!

Als Exilkölnerin mit einer Affinität zu Kulturdenkmälern bin ich ohnehin anfällig für die Schönheit alter Steine. Doch Mostar hatte mich sofort. Vieles wirkt wie aus dem Boden gewachsen, wie aus einem Guss. Die Gassen zu beiden Seiten der Neretva erschienen mir wie die Kulissen einer Oper, zum Teil knallbunt und dramatisch inszeniert. Etwas ungläubig versuchte ich die Fallhöhe von der Alten Brücke zu ermessen. Gibt es wirklich Menschen, die sich freiwillig dort hinunterstürzen, einfach nur aus Übermut? Von oben wirkte sie so flach und unscheinbar, die Neretva … Licht und Schatten liegen sehr dicht beieinander – selten wurde diese Metapher für mich deutlicher als an dieser Stelle.

Freitagmorgen hieß es dann endlich: Streunerdorf, wir kommen! Während es für Andrea und Lucia schon ein vertrauter Anblick war, kannte ich das tierische Gewusel bisher nur aus Videos.

Nachdem Elvira gut geruht hatte, war sie wieder bereit, uns ans Ziel zu navigieren. Und das sah von außen erst mal unspektakulärer aus als erwartet: ein recht unscheinbares Gebäude mit zwei vergitterten Balkonen und einem breiten Hoftor, auf dem neben dem Logo des Animal Care Centars das von Streunerglück und der Förderer abgebildet ist. Bravo! Elvira hatte uns nicht im Stich gelassen. 😉

Auf dem linken Balkon begrüßte uns volltönig Valea, auf dem rechten strichen zwei Katzen die Gitter entlang. Im Hintergrund lautes Stimmengewirr: Große und kleine, alte und junge Hunde, alle bellten aufgeregt durcheinander.

Nach einem herzlichem Empfang durch Mitarbeiter Tomo und einem schnellen Klamottenwechsel durften wir Tomo bei seiner täglichen Arbeit zusehen. In diesem Moment: Kennels kärchern. Seitenweise dürfen die Hunde der u-förmig angeordneten Zwinger zum Auslauf in den Innenhof. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie alt oder jung, groß oder klein, schnell oder langsam, schüchtern oder zutraulich sind. Das Wichtigste ist, dass die Gruppe harmoniert.

Kaum hatten wir einen Fuß in den Hof gesetzt, wurden wir bestürmt: Besucher, Besucher, Besucher! Aufgeregtes Gerenne, Gewusel, Gehüpfe und Geschnüffel, fast alle wollten mal gucken kommen. Das „Baden“ in der Hundemenge war für mich ein einprägsamen Erlebnis. Was auch immer für Mythen über Straßenhunde kursieren: Ein Besuch im Streunerdorf setzt ihnen ein Ende.

Die Tiere, die ich hier erleben durfte, waren ausnahmslos freundlich. Nicht wenige sind so mit Menschen vertraut, dass sie sich mir direkt an den Hals oder zu Füßen warfen, mich abschleckten oder gestreichelt werden wollten. Manche sind distanzlos, aber auch darin sind sie echt – sie zeigen sich hier so, wie sie sind.

Unverfälscht, ohne Einmischung des Menschen. Inmitten dieses Gewusels aus Körpern, Fell, Pfoten und feuchten Nasen bestürmten mich Gefühle, die ich zuerst nicht einordnen konnte. Kein Video der Welt kann diesen Eindruck widergeben. Ich hätte stundenlang einfach nur dem wuseligen Treiben zusehen können. Nicht nur einmal wünschte ich mir mehr als 2 Hände, um gleichzeitig streicheln, kämmen, fotografieren und filmen zu können.

Um die Mittagszeit hatte ich einen schwachen Moment, in dem mir kurz alles zu viel wurde: Der Vertrauensvorschuss, den mir die Hunde entgegenbrachten, ihre Liebebedürftigkeit, die fragenden Blicke derjenigen, die noch in ihren Kennels warteten … als das wirkte nach.

Doch spätestens als wir am Nachmittag tatkräftig mit anpacken durften, war alles vergessen. Es mag befremdlich wirken, dass ich Freude daran hatte, Kies mit der Kehrschaufel von A nach B zu karren oder Hundekacke mit der Maurerkelle vom Beton zu kratzen. Doch in diesen Momenten war ich einfach dankbar, mich irgendwie einbringen und einen kleinen Beitrag leisten zu können.

Am Samstag machten wir weiter, wo wir Freitag aufgehört hatten. Außerdem gingen wir mit den Hunden raus, machten Fotos und sortierten Brustgeschirre, Halsbänder und Leinen. Mittags hielt plötzlich ein Pkw mit zwei Besucherinnen vor dem Streunerdorf, die eine junge Hündin brachten. Nach den Formalitäten präsentierte Tomo den Neuzugang kurz seinen zukünftigen Mitbewohner(inne)n und brachte ihn dann in seinen Kennel.

Später holten wir die Kleine noch mal heraus, um Fotos für unsere Homepage zu machen und ihr einen Namen zu geben: Tami sollte sie heißen. Auch die „Schnipsel-Gang“ durfte den Quarantäne-Bereich verlassen. Zuletzt durften Ivar und Elvis noch mal als „Testimonials“ mit uns vor die Tür, um ein paar kurze Videos zu drehen.

Nach einem sehr voll gepackten und ereignisreichen Tag verabschiedeten wir uns abends vom Streunerdorf. Ein bisschen Wehmut schwang mit, denn keiner von uns wusste, wann er wiederkehren würde. Dass wir wiederkehren würden, stand jedoch außer Frage!

Sonntagmorgen ging es dann sehr zeitig zurück Richtung Heimat. Wir erreichten München gegen 19 Uhr. Sehr gerne hätte ich eine Pause eingelegt – aber ich musste Montagmorgen einen Termin wahrnehmen, Aufschub sinnlos. Daher brachte ich auch die letzte Etappe möglichst zügig hinter mich und war froh, als ich in den frühen Morgenstunden meine eigenen Hunde begrüßen und erschöpft ins Bett fallen durfte.

Wie viele andere bin ich nun unheilbar mit dem Streunerdorf-Virus infiziert. Und ich werde ganz sicher wiederkommen. Schnipsel, Sana, Sinje und Tami werde ich dann zwar nicht mehr sehen, sie haben ihr Zuhause bereits gefunden. Doch Streuner wird es in Mostar weiterhin geben. Umso wichtiger ist es, dass es Menschen gibt, die sich um sie kümmern und sie nicht im Stich lassen. Danke, Emica, dass du nicht müde wirst, dich für die Tiere starkzumachen! Danke, Animal Care Centar!

P. S.: Auf unserer Homepage warten noch viele weitere charmante Nasen darauf, von euch entdeckt zu werden. Vielleicht habt ihr noch ein Plätzchen frei?